@Bussinchen , ich bin keinesfalls gegen lizenzfreie Produkte, egal in welchem künstlerischen Bereich. Ich bin nur gegen Sichtweisen und Aussagen, die wie Deine unterschwellig implizieren, Kunst solle doch bitte nach Möglichkeit schön sein, aber bitte ohne Gegenwert.
Ich habe auch schon Bilder verschenkt, auch für kommerzielle Verwendungen, aber: ich betreibe Kunst bewusst als Hobby (muss davon nicht leben).
Eine Aussage wie:
Zitat
Dabei steht außer Zweifel, dass er beste Arbeit leistet. Und wovon er letztlich sein täglich Brot finanziert, ist doch seine Sache
wertet per se alle Kunst und alle Künstler als "ist ja nur Kunst/Hobby/..." ab.
Was richtig ist: Ich sehe keinen Grund, Kunst (egal ob daheim für die Wand oder als Aufhübschung für die eigene Webseite, um vor andern toll dazustehen) per se zu verschenken. Es wird immer wieder das Argument gebracht, es wäre doch nur für Privatpersonen. Gehst Du denn auch zum Bäcker/Fleischer/Möbelverkäufer und stellst dort die Forderung "Eh, ist doch nur für mich, zum privaten Verbrauch/Gebrauch, da solltest Du mal nicht so sein!" Dienst Du diesen Leuten auch die Idee an, sie sollten doch bitte nur von Geschäftsleuten Geld nehmen, also wenn Büros eingerichtet werden oder Empfänge mit Speisen versorgt werden müssen? Und nein, das ist nichts anderes.
Kunst, im weitesten Sinne, ist etwas, das genauso viel Lernen, Arbeit, Geld (für Arbeitsmaterialien zum Beispiel) erfordert, wie jeder andere Beruf, vom Elektromeister bis zum Schneider. Wir zahlen Unsummen für Coffee to go, teils je nach Laden 5-6 Euro, aber für Songs, Texte oder Bilder, die man über weitaus längere Zeiträume nutzen will, ist das meist nicht drin, bzw. nicht gewollt. Ist ja nur Kunst, möglichst noch digital gemacht ([ironie]Texte, Musik, Bilder am Rechner erstellen kostet ja weder Zeit noch Geld für die Software... [/ironie])
Auch der Spruch mit dem "Zeichen der Zeit erkennen und Dinge digital frei hergeben" ist ein bisschen zuckerwatteleicht. Mit dem gleichen Argument könntest Du jeden besonders designten Tisch mal eben auf den puren Materialwert runterschrauben (Design wird heutzutage auch zu den allergrößten Teilen digital erstellt) und stellst Kreativität als wertloses Gut hin. Dabei ist Kreativität der Motor der Welt. Um auf Deinen Künstler zurück zu kommen. Soooo preisfrei ist der übrigens nicht, wenn man sich das genauer anschaut. ;) Er stellt die einfachen Sachen sicher frei online. Aber die richtigen Dinge gibt es auch bei ihm nur gegen Bares (sichtbar über einen Deiner Links). Ich habe hohen Respekt vor seinem Marketing, so es denn funktioniert, aber was er macht, ist eine Auslagerung der Werbung. Er zahlt für die Werbung ähnlich wie bei einem regulären Vermarkter, nur auf anderem Wege.
Aber unabhängig von diesem Künstler gibt es ja auch andere, die diesen Weg gehen, das ist unbestritten. Ich weiß nicht, ob Du diese Sachen ein bisschen verfolgst, aber hier läßt sich in den meisten Fällen folgendes sagen:
- es sind oft junge/startende Künstler, die ihre Werbung über diesen Weg wählen, die indirekten Kosten kommen regulären Werbungskosten gleich, sind aber für diese Künstler oft erstmal der bessere Weg, weil sie schlicht nicht die Finanzen für reguläre Werbung haben
- es ist Protest. Es gibt namhafte Künstler, die das gemacht haben, weil sie zum Beispiel durch Vertragsknebel noch nichts eigenes verkaufen durften, aber ihrem alten Plattenlabel auch nicht die Kohle schenken wollten. Es ist ein Weg, bei den Fans nicht in Vergessenheit zu geraten. Ein blutig teurer Weg übrigens.
- es ist Promotion und/oder Dankbarkeit gegenüber den Fans. Bei Musikern wird ab und an ein Album frei hergegeben. Das ist in die Gesamtrechnung einkalkuliert.
Wenn ich das richtig gesehen habe (korrigiere mich bitte, falls ich was übersehen habe) läuft Dein Künstler auch als Hausarbeiter ohne Events im eigentlichen Sinne. Er ist also ein Ein-Mann-Unternehmen. Ein regulärer Künstler (im Sinne von Auftritten etc.) hat hier noch andere Kosten einzurechnen. Saalgebühren, Equipment, Reisekosten, Übernachtungskosten, Kosten für die Mannschaft (und das kann bei größeren Bühnenshows ziemlich ins Budget schlagen), Catering, Bühnenkleidung, GEMA (Deutschland, bei einem Konzert mit 200 Besuchern, Ticket 20 EUR, Gebühr ca. EUR 270 EUR pro Abend), das sind Sachen, die eine kleine Band erstmal stemmen muss. Die Kosten für 1 konzerttaugliches Instrument liegen übrigens im 4stelligen Bereich aufwärts, zzgl. laufender Kosten für Saiten, Felle etc.
Bei Bildern schaut es, auf andere Art, ähnlich aus. Bei herkömmlicher Malerei liegen die Preise für professionelle Farben (Öl, Aquarell,...) und Materialien (Leinwand, Staffage, Echthaarpinsel,...) jenseit von gut und böse, im digitalen Bereich kommt man früher oder später um hochwertige Software a la Adobe&Photoshop nicht drumherum. Ähnlich in der Fotografie mit Kameras und Photoshop. Dazu kommen dann, gerade im digitalen Bereich, noch die Druckkosten für hochwertige Bilder, die die Farben auch gut wiedergeben, nicht knittern (Poster!) oder ausbleichen.
Es geht mir also mitnichten um Kritik daran, dass es lizenzfreie Produkte gibt. Jeder, der irgendwas herstellt, verschenkt ab und an Dinge, sei es ein Apfel auf dem Markt, ein Song, ein besonders preiswerter Design-Stuhl. Es geht mir eher um die Sichtweise, "wenn ein Künstler modern ist, verschenkt er seine Arbeit und lebt von Spenden". Wie gesagt, ich muss nicht davon leben, ich habe einen regulären Job, der mein Hobby finanziert, und lebe es bewusst nur als Hobby. Aber für gewöhnlich können Künstler von ihrer künstlerischen Arbeit, egal wie hochwertig sie ist, nicht leben, haben Nebenjobs etc. Die, die davon leben können, sind eine verschwindend kleine Menge. Die oberen 2-5%.
Ergo: Klar, Du bekommst lizenzfreie Produkte. Keine Frage. Aber es sollte einfach jedem bewusst sein: Man kann dort gute Sachen erwischen. So wie auf dem Flohmarkt, wo man für "fast umsonst" durch Zufall einen Rembrandt mit heim nimmt. Aber im Normalfall bekommt man auf dem Flohmarkt defekte Dinge oder Ramsch. Der Bauernhändler auf dem Markt stellt auch manchmal eine Kiste Obst zum Mitnehmen hin. Aber nicht das Hübsche.
